Gangrehabilitation und Ganganalyse
Gezielt mobilisieren – sicher gehen: Mobilität ist Lebensqualität. Für Menschen mit orthopädischen oder neurologischen Einschränkungen – etwa nach einem Schlaganfall, bei Parkinson, MS oder Zerebralparese – gehört die Fähigkeit, wieder schmerzfrei und sicher gehen zu können, zu den wichtigsten Rehabilitationszielen.
Nach operativen Eingriffen wie Kreuzbandrekonstruktionen, Hüft- oder Knieprothesenimplantationen, bei Achillessehnenrissen oder Fersensporn-Erkrankungen sorgt die Lauftherapie für ein strukturiertes und frühzeitiges Mobilisationstraining. Sie unterstützt dabei, Bewegungsmuster zu normalisieren, Schonhaltungen zu vermeiden und die Wiederherstellung von Alltagsfunktionen zu beschleunigen.
Bei neurologischen Erkrankungen stehen andere Herausforderungen im Vordergrund: Hier sind Bewegungsmuster oft aufgrund zentralnervöser Schädigungen nicht mehr willentlich steuerbar. Doch das Gehirn besitzt eine bemerkenswerte Fähigkeit zur Umstrukturierung – die sogenannte Neuroplastizität. Diese ermöglicht es, durch intensives, repetitives Training neue neuronale Verbindungen zu schaffen und verloren geglaubte Funktionen wieder zu erlernen.
Ein früher Therapiebeginn, möglichst noch auf Stroke-Units oder Intensivstationen, sowie ein hohes Maß an aktiver Wiederholung sind Schlüsselfaktoren für den Erfolg. Laufbänder mit Sicherheitsunterstützung und Assistenzfunktionen ermöglichen dabei ein effektives Training auch bei stark eingeschränkten Patienten – mit deutlich höheren Schrittzahlen pro Sitzung als bei herkömmlichem Handlauftraining. Internationale Leitlinien empfehlen explizit repetitives Gangtraining, Gleichgewichts- und Koordinationstraining sowie gangorientiertes Ausdauer- und Krafttraining.
Auch im Sport spielt die Ganganalyse eine wichtige Rolle: Bewegungsanalysen helfen dabei, Laufverletzungen zu erkennen, Beschwerden zu vermeiden und die Leistungsfähigkeit gezielt zu steigern. Durch die objektive Messung von Belastungsmustern können präventive Maßnahmen frühzeitig ergriffen werden – ob im Freizeit- oder Leistungssport.
Musikalisch unterstützte Therapieverfahren bieten insbesondere bei neurologischen Gangstörungen wie Parkinson eine wirksame Ergänzung zur klassischen Lauftherapie. Rhythmische auditive Reize – etwa durch Musik oder ein Metronom – helfen, den Schrittfluss zu stabilisieren, die Gehgeschwindigkeit zu erhöhen und das Zusammenspiel von Armen, Rumpf und Beinen zu verbessern. Auch nicht-rhythmische Musikelemente zeigen in aktuellen Studien positive Effekte auf Haltung, Bewegungsumfang und Koordination.
Ein weiteres wirkungsvolles Element ist das Perturbationstraining, bei dem gezielte, unerwartete Gangstörungen durch Tempoveränderungen eingesetzt werden. Diese kleinen „Stolperfallen“ im geschützten Therapiesetting fordern gezielte Ausgleichsreaktionen heraus – und genau diese Reaktionen trainieren das, was im Alltag Stürze verhindern soll: schnelle Anpassung, Balancekontrolle und das Vertrauen, auch auf unsicherem Untergrund sicher zu bleiben. So wird jede Störung zum Fortschritt – und jeder Schritt zurück in die Eigenständigkeit.